Teil 13
Da waren’s nur noch zwei

Die Gesichter sind noch ziemlich lang, als wir uns am nächsten Morgen zum Frühstück treffen. Keine Tagesplanung mehr zu dritt, kein Wer-verstaut-welche-Lebensmittel oder Wer-hat-das-Klopapier mehr. Ab jetzt gibt es nur noch zwei Motorräder, und wenn man da das Klopapier nicht selbst hat, dann hat es der andere.

Darüberhinaus wird es auf Behrangs und meiner Maschine ab jetzt richtig eng. Denn Allgemeingut, dass ursprünglich auf fünf Motorräder verteilt werden konnte, das Tarp-Zelt zum Beispiel, oder ein Kompressor, muss nun auf zwei Packeseln Platz finden.

Sebastian hat telefonisch einen fertig gestrickten Reiseplan vom ADAC bekommen. Ich selbst bin, wie viele Motorradreisende, seit Jahren Plus-Mitglied, habe den Dienst bisher aber nie in Anspruch nehmen müssen. Deshalb ist der Service-Umfang für mich neu. Wirklich beeindruckend ist dabei nicht, dass der ADAC die Kosten übernimmt, sondern, dass er von vorn bis hinten, vom Pickup bis zur Haustür, alles organisiert, inklusive Zeitplan.

Ein letztes Abschiedsfoto, dann machen sich die last men riding auf den Weg. Sebastian wartet vor der Pension auf den Abschleppwagen, mit dem er dann gemeinsam zu seinem Motorrad fahren will.

Behrang und ich peilen wieder die Karpaten an und biegen dann hinter Brasov Richtung Südwesten ab. Ein kleines Stück fahren wir auf einer Strasse, auf der wir schon auf dem Hinweg vorbei gekommen sind. Mittags schlagen wir daher wieder im Dracula-Dorf Bran auf, dort, wo wir uns vor knapp einer Woche von Stefan und Sarah getrennt hatten. Alles ein Bisschen doof gelaufen diesmal, denke ich in meinem Helm. Was hätte man anders machen können? Was hätte man vorhersehen können? Vorhersehen müssen?

Behrang möchte unbedingt einen kleinen Abstecher zum Dracula-Schloss machen. Normalerweise bin ich immer für alle Schandtaten zu haben. Aber heute fehlt mir für die Horden von Touristen-Zombies einfach die nötige Gelassenheit; Busladungen von Menschen, Familien und Schulklassen zwängen sich durch enge Gassen, an Souvenirständen vorbei, aus Lautsprechern schallt das obligatorische, folkloristische Geplärre.

Ich winke dankend ab, und Behrang springt zu einem Dracula-Besuch im Schnelldurchlauf los. Nach einer Viertelstunde ist er wieder da, und wir knattern weiter.

30 wunderbar kurvige Kilometer weiter finden wir am Nachmittag einen schönen Campingplatz mit Blick aufs Tal. Eigentlich ist es zum Zelte-aufschlagen fast noch ein Bisschen früh. Aber etwas weiter nördlich gibt es eine Schlucht, die ich mir unbedingt ansehen will. Da sie eine Sackgasse ist, können wir genauso gut jetzt alles abladen, und mit leichten Motorrädern fahren.

Anfangs ist die Strasse noch gut asphaltiert. Zwischen hohen Felswänden schießen Behrang und ich durch die Kurven der Dâmbovicioara-Schlucht, immer entlang eines kleinen Baches.

Aus Teer wird irgendwann loser Schotter mit großen Pfützen, was unserem Fahrspaß aber keinen Abbruch tut. Allein meinem selbstgebautem Tooltube scheint das Gerumpel der letzten Tage nicht mehr zu gefallen: Die Befestigungs-Schelle verabschiedet sich vor einer Kurve mit einem lauten Klirren. Mit einem Spanngurt wird das Abflussrohr provisorisch (und für den Rest der Tour) fixiert.

 

Als wir von unserem Ausflug heimkehren, wird es schon langsam dunkel. Wir machen uns etwas zu essen und SMSen mit Sebastian, dem es gut geht.

Den Schinkenaufschnitt, den wir schon seit ein paar Tagen spazieren fahren, bekommt der Hund des Zeltplatzes, der sich überaus ergeben zeigt.

Vor unseren Zelten sitzend, beobachten wir auf der anderen Seite des Tals das Flackern der Autoscheinwerfer, wie sie im Zickzack die Serpentinen des Bran-Passes nachzeichnen. Morgen stehen bei uns selbst endlich wieder ein paar Gipfel auf dem Programm. Und auf der Nationalstrasse 7A wollen wir, abseits der Hauptverkehrswege, über 100 Kilometer mitten durch die Karpaten fahren, immer am Fuß des Hauptkammes entlang.

Die Etappe: 170km
Am Ende war es zwar doch ein ganz entspannter Tag. Doch die nochmalige Verkleinerung der Reisegruppe hat, zumindest bei mir, merklich auf die Stimmung geschlagen. Da aber zumindest das Wetter einigermaßen mitzuspielen scheint, versuche ich, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und freue mich auf die morgige Etappe.

 

 

 

Meanwhile – in Bucarest:
Unterdessen ist Sebastian in Bucarest angekommen, von wo er bald nach Frankfurt weiterfliegen soll. Ein netter Fahrer hatte ihn, wie geplant, in Nehoiu abgeholt. Gemeinsam haben sie die alte Knickschwinge abgeholt und sind nach Brasov gefahren, von wo Sebastian dann mit dem Bus weitergetuckert ist.

Sein riesiges Hotelzimmer und der Palast der Republik habe ihm nach eigenen Angaben besonders gefallen. Das ist vor allem deshalb unverschämt, weil Sebastian während der Planung unserer Tour der einzige war, der NICHT nach Bucarest wollte, aber nun wiederum der einzige ist, der die Hauptstadt sehen darf. GRRRRR!


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Kommentare

7 Antworten zu „Teil 13
Da waren’s nur noch zwei“

  1. Avatar von Ernie Troelf

    Hmm. Möchte wissen, was ich mit dem ADAC falsch mache. Bei mir hat der Verein die beiden male wo ich ihn brauchte, komplett versagt. Schön, dass Euch wenigstens diese nervige Erfahrung erspart geblieben ist…

  2. Avatar von Freerk
    Freerk

    Das ist natürlich unerfreulich – was denn wo denn? Auch mit dem Motorrad liegen geblieben? Oder V50? 😉
    Ich glaube, unser ADAC-Büro war für Türkei, Griechenland, Bulgarien und Rumänien zuständig, vielleicht läufts in anderen Regionen schlechter…

  3. Avatar von Ernie Troelf

    Einmal mit der V50, ca. 40km von zu Hause entfernt, wofür es 5(!) Stunden und 10 Telefonate brauchte, bis der versprochene Abschlepper kam und das andere mal war ein paar Monate später in Dänemark mit der XT500. Dort wurde ich zur nächsten (geschlossenen) Werkstatt geschleppt und das war’s. Kein Heimtransport (dafür hätte von Samstag bis Mittwoch warten müssen, ob man den Schaden nicht doch noch reparieren kann), kein Mietwagen (weil keine Kreditkarte), kein Hotel (weil das einzige Haus am Platz viel zu teuer war). Selbst um die Erstattung des Bahntickets musste ich im Nachhinein noch streiten. Nichtmal die Zugverbindungen konnten oder wollten Sie mir raussuchen. Hilfe: nada. Puls: 180.
    – Ohne ADAC hätte ich die Situation vermutlich entspannter gelöst. 😉
    (Zu dem Zeitpunkt war ich 16 Jahre ADAC Plus-Mitglied ohne Pannen.)

  4. Avatar von Freerk
    Freerk

    Fuck, wie ätzend. Ich habe neulich auch mal einen Test gelesen, da schnitten AvD & Co deutlich besser ab, als der ADAC. Vor allem, weil Dich als ADAC-Mitglied eben auch nur der ADAC „retten“ darf.
    Was den Heimflug anging, dafür musste man mindestens 1200km vom Heimatort entfernt liegen bleiben – was bei uns aber hinkam. Ich muss mich bei Sebastian mal auf den aktuellen Stand bringen, was die Abrechnung mit dem ADAC angeht. Keine Ahnung, ob das rund läuft. Oder er schreibt hier einfach selbst was dazu 🙂
    Die TT ist schnell wieder zu hause gewesen und hat mittlerweile wohl auch ne neue Schwinge, hab ich gehört.

  5. Avatar von Ernie Trölf

    Schön zu hören, dass es auch der TT auch wieder gut geht 🙂

    Wie das bei Sebastian mit dem ADAC geklappt hat, würde mich tatsächlich interessieren. Ich bin gerade dabei mich nach einem neuen Verein umzuschauen. Für die anstehenden Touren mit der ollen V50 und AfricaTwin ist mir das doch lieber, wieder eine entsprechende Telefonnummer dabei zu haben. 😉

  6. Avatar von Sebastian
    Sebastian

    Hallo zusammen,

    meine TT ist wieder fit und fährt sich wie vorher oder bessergesagt – Besser.

    zum Thema ADAC kann ich nur sagen das ich wie hier schon von Freerk berichtet das ich sehr gut betreut wurde.
    Die nette Dame am Telefon hätte mir auch ein Taxi an das Hotel mitten im nichts bestellt das mich dann nach Bukarest gefahren hätte. (aber wo bleibt denn da der Spaß?)
    Ich habe mich für die in meinen Augen etwas schöner alternative entschieden. Ich bin mit dem Abschelpper bis zu meinem Motorrad gefahren wo ich dieses mit Ihm aufgeladen haben. Von dort wurde ich dann von ihm nach Brasov an die Haltestelle des Minibusses gebracht, der mich dann nach Bukarest gebracht hat.
    Die Fahrt von Brasov nach Bukarest im mini bus kostete 10€ diese habe ich mir auch nicht vom ADAC zurückerstatten lassen. Ich bin der Meinung ein schönes Hotelzimmer und der Flug nach Frankfurt sind genug des guten.
    Die gesamten kosten für Flug und zwei Hotel übernachtungen hat der ADAC übernommen.
    Ich habe dafür keine Rechnung bekommen.
    Das motorrad kam 4 wochen Später mit dem Auto nach – und wurde zu dem Schrauber meines vertrauens gebracht.
    Ich musste nur noch die Adresse angeben und alles wurde Erledigt.

    Meine entsprechende Telefonnr. steht also weiterhin auf der gelben Karte mit den vier Buchstaben.

  7. Avatar von Ernie Trölf

    Danke für die Info Sebastian!
    Kaum zu glauben, dass das der selbe Verein sein soll, der es bei mir so grandios vermasselt hat. Vielleicht gebe ich ihm noch ne Chance…

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