Winterflucht nach La Gomera

Ihr wisst ja, dass ich ein Faible für die Kanaren habe, besonders im Winter. Auf Lanzarote war ich schon, auf Teneriffa, auf La Palma, La Graciosa und schon zwei mal auf La Gomera. Alle Kanareninseln sind tolle Urlaubsziele, und alle haben jeweils ihre ganz eigene Schönheit. Aber La Gomera ist eindeutig etwas Besonderes. Erst recht, wenn man Motorrad fährt.

 

Wer sein eigenes Fahrzeug mitbringen möchte, kann das durchaus – per Fähre vom spanischen Festland. Allein die Überfahrt dauert allerdings anderthalb bis zwei Tage, plus die Anfahrt zum Fährhafen quer durch Europa. Ein Flug etwa nach Teneriffa dauert (von Berlin) hingegen nur knapp fünf Stunden und dürfte damit für die meisten das realistischere Modell sein.

Bei meinem ersten Besuch auf La Gomera im Jahr 2009 hatte ich noch vergeblich nach einer Motorradvermietung auf der Insel gesucht. Das Internet spuckte zwar ein paar Anbieter aus – die aber auf Nachfrage allesamt längst das Handtuch geworfen hatten. Die Mieter seien nicht fürsorglich mit den Fahrzeugen umgegangen, teilte man mir am Telefon mit, und seien zudem nicht willens gewesen, einen kostendeckenden Preis für Motorräder oder Roller zu bezahlen. Das ist ein Argument, dass einem bei Nischenprodukten immer wieder begegnet, auch die Deutsche Bahn hatte ihre Autoreisezug-Angebot ab Berlin unter diesem Hinweis eingestellt. Für mich ein klarer Fall von Schuldumkehr.

Irgendetwas muss sich jedenfalls seit 2009 grundlegend geändert haben – denn bei meinem zweiten Besuch im Februar 2016 gab es gleich mehrere Anbieter mit unterschiedlichen Modellen auf der Insel. Wobei sich das Angebot auf La Gomera auf Fahrzeuge bis 250 ccm beschränkte. Größere Maschinen gibt es aber auf der Nachbarinsel Teneriffa, unter anderem die F800GS, die mir ein paar mal auch auf La Gomera begegnete. Ich habe aber gehört, dass nicht alle Vermieter das Insel-Hopping erlauben.

 

Gomera-Bikes im Valle Gran Rey ist eigentlich ein Fahrrad-Verleiher, hat aber auch zwei motorisierte Zweiräder im Programm, darunter ein Naked Bike mit einem viertel Liter Hubraum. Das sei mehr als genug für die ungesicherten und verwinkelten Strassen der Insel, erklärt mir der deutsche Besitzer Kai im Laden. Zunächst halte ich das zwar für eine Ausrede, vermisse fehlenden Durchzug später aber in der Tat nur sehr selten.

 

 

 

La Gomera ist vulkanischen Ursprungs, die Insel ist wie ein einzelner Berg mit knapp 1500m Höhe mitten im Atlantik. Aufgrund der Höhenunterschiede hat die Insel mehrere Vegetationszonen – in die man unterwegs immer wieder munter hinein und heraus fährt.

Bisweilen hat die Yamaha YBR mit meinen >100 Kilo am Hang ein bisschen zu kämpfen. Man muss den Motor tüchtig triezen, damit er seine 21PS bei 8000 Touren auch abliefern kann.

In Playa de Santiago gönne ich mir am Mittag eine kurze Pause in einer Bar direkt am Strand, esse gebratene Sardinen und trinke ein Bier.

 

Danach fahre ich weiter Richtung Inselhauptstadt. Auf dem Weg dorthin fällt der Blick in den Serpentinen an der Ostseite der Insel immer wieder auf den über 3700m hohen Teide auf Teneriffa. Witzig, dass der höchste Berg Spaniens in Afrika liegt, geografisch gesehen.

Im Hafen von San Sebastian trinke ich am Nachmittag einen Cortado und schaue mir die dicken Pötte an, die nach Teneriffa pendeln. 2009 gab es noch eine direkte Verbindung mit der Schnellfähre ins Valle Gran Rey. Mittlerweile muss man allerdings nach San Sebastian fahren, um dann von dort mit Bus oder Mietwagen auf die Südseite der Insel zu kommen – was angesichts der Millionen Kurven nicht immer angenehm ist. Mit dem Motorrad ist das natürlich etwas anderes.

Der Nordteil Gomeras, über den ich zurück fahre, ist kühler und oft auch regnerischer. Ich schnüre meine dünne Regenjacke bis zum Kinn, und friere auf den Höhenzügen mitunter doch ganz ordentlich.

Am frühen Nachmittag kehre ich nach 145 Kilometern ins Valle zurück und habe damit im Grunde genommen schon fast alle Strassen der Insel abgehakt. Ich esse ein Eis in Vueltas und bringe dann das Motorrad zurück zum Verleiher. 45€ sind für den einen Tag fällig, was es mir Wert war. Bei mehreren Tagen wird die Miete weniger – aber die Strassen der Insel nicht zahlreicher. Bis in die 1960er Jahre existierten zwischen den zumeist an der Küste gelegenen Orten kaum Straßenverbindungen. Alle Waren und Personen gelangten nur per Schiff in die Inselhauptstadt. Seitdem wurde das Straßennetz umfangreich ausgebaut.

 

Ich würde ja wetten, dass es nirgendwo sonst derart viele tolle Kurven auf so kleinen Raum gibt. Eine Inselrundfahrt über La Gomera mit dem Motorrad ist unbedingt empfehlenswert!

 

Nachtrag: Ich sehe gerade noch diesen Vermieter hier, der das Konzept „Sicherheit durch Hubraumverkleinerung“ sogar noch konsequenter umsetzt 🙂

 


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