Teil 2
Eiskalte Smaragde

Allgemeines, zeitiges Aufstehen am nächsten Tag. Es gibt ja nix stressigeres, als morgens von diesen Strebern geweckt zu werden, die, trotz Abschlussabend, bei Sonnenaufgang diszipliniert die Glieder strecken und dann ihr Zelt abbauen. Ich schäle mich mehr schlecht als recht mühselig aus den Federn, packe meine Sachen, und schaffe es gerade noch pünktlich zum großen Verabschiedungsfoto. Händeschütteln, Umarmungen, war schön, bis zum nächsten mal!

Auch der Rest meiner Fünfer-Reisegruppe trudelt langsam ein: Marius, Mante und ich kennen uns – Domi und Alex nur aus dem Forum. Gestern hatten wir uns dazu entschlossen, für die Anreise nach Istrien zunächst wieder ein Stück zurück nach Norden zu fahren, raus aus dem Berchtesgadener Talkessel. Via A10 und Tauerntunnel wollen wir dann zügig nach Süden kommen.

In Villach verpasse ich als Vorwegfahrender die richtige Autobahnausfahrt. Statt bei der nächsten Gelegenheit umzudrehen, machen wir kurzerhand einen kleinen Abstecher zum nahe gelegenen Faaker See, vielen sicher bekannt als Austragungsort eines jährlich stattfindenden Harley-Treffens. Als Mante mir letztes Jahr erzählt hat, dass da zur European Bike Week auch mal 120.000 Biker einfallen, konnte ich es erst nicht glauben.

Offenbar setzt die Bike Week nicht nur bei den Besucherzahlen Rekorde, auch bei den Eigentumsdelikten geht es jedes Jahr ordentlich rund: 2012 sollen da Motorräder im Wert von einer halben Million gestohlen worden sein. Kann man mal sehen, wie sich das Image der Marke über die Jahre geändert hat. Zahnärzte beklaut man eben lieber als Outlaws.

Nach dem Wurzenpass steuern wir in Slowenien den Vršič an, der aber wegen einer Fahrradveranstaltung geschlossen ist. Weil wir nicht zwei Stunden warten wollen, drehen wir um und fahren Richtung Italien, um von dort über den Predilpass in die Julischen Alpen zu kommen. Das ist zwar nicht unbedingt schneller, aber wenigstens ist man unterwegs.

Am Nachmittag finden wir ein schönes Plätzchen am rauschenden Rio Bartolo und machen Pause. Jeder steuert ein bisschen Proviant bei, Würstchen, Käse, ein paar Kekse, ich packe den Espressokocher aus. Wir sitzen auf dicken Felsbrocken mitten im Flussbett und genießen das traumhafte Wetter.

Schon am Nachmittag haben wir nach knapp 300km unsere erste Etappe geschafft und rollen auf die knirschende Kieszufahrt von Vilis Campingplatz in Slowenien. Ich war schon öfter hier, zum letzten Mal mit Mante vor einem Jahr. Aber auch Marius, Domi und Alex scheint Vilis Low-Fi Ansatz und das familiäre Flair auf Anhieb zu gefallen.

Noch bevor die Zelte auf- und die Stiefel ausgezogen sind, greifen wir uns ein kaltes Laško und tingeln mit verschwitzten Hosen im Gänsemarsch zum wenige Meter entfernten Fluss, der Soča.

Jetzt im Frühsommer ist das smaragdgrüne Wasser der Soča zwar schön anzusehen, aber un-er-träglich kalt. Dummerweise habe ich im Vorfeld zu laut rumgetönt, dass man sich hier nach einem heissen Tag prima abkühlen könnte. Also schnell noch einen Schluck Laško, Klamotten runter, und rein ins frische Naß!

Das hat im Umkehrschluß natürlich zufolge, dass nun auch die anderen nicht mehr kneifen können. Auch wenn die Füße bereits nach 10 Sekunden untätigem Stehen im Wasser anfangen zu schmerzen, gibt es jetzt keinen Weg zurück!

Danach ziehen wir unter einer großen Trauerweide die Zelte hoch und machen ein kleines Feuer.

Wohlsein!

Mit vereinten Kräften sind auch schnell vier Untersetzer für Domis Helinox-Campingstuhl verfügbar. Das Ding begeistert zwar durch kleines Packmaß und guten Sitzkomfort, sackt mit seinen hochbelasteten Füßchen auf vielen Böden aber einfach ein.

Direkt nach unserer Ankunft hatten wir Vili gefragt, ob er uns abends nicht ein paar Forellen braten kann. Weil er die Fische nicht selbst angelt, braucht er dafür normalerweise ein bisschen Vorlauf. Aber wir haben Glück, der Hausherr hat noch für jeden eine Forelle im Kühlschrank und haut sie uns auf den Grill.

Beim essen palavern wir über die vergangene Etappe, und dass man heute vielleicht noch ein paar Kilometer mehr hätte abreissen können. Das hätte allerdings bedeutet, dass wir die nur wenige Hundert Meter vom Campingplatz beginnende Slowenische Grenzkammstrasse noch am späten Nachmittag hätte fahren müssen. Das kleine Schottersträßchen ist sicher keine Konkurrenz für ihre westalpine Namensschwester, aber dennoch einen Besuch wert, wenn man in der Gegend ist. Sowas macht ausgeschlafen natürlich deutlich mehr Spaß.

Danach sitzen wir im Schein von Alex´ Falt-Kocher noch ein Weilchen vor den Zelten und lauschen der rauschenden Soča. Sicher, noch vor ein paar Tagen hatten wir geplant, die Nacht zwischen Zweitausendern zu verbringen und es morgen richtig fliegen zu lassen. Aber wir werden sicher auch in Istrien auf unsere Kosten kommen. Und wenn alles klappt, erfrischen wir uns morgen Abend nicht in einem eiskalten Fluss, sondern im Meer.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Teil 2
Eiskalte Smaragde“

  1. Avatar von Sprinter
    Sprinter

    ja das war super beim vili! träum….

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