Teil 1
Herbstquickie!

Anfang September letzten Jahres bin ich mit meinem F800GS-Freund Mante zu einer Spontan-Motorradtour aufgebrochen – Mante war der einzige, der sich zwei Wochen zuvor auf eine kurzfristige Anfrage im Freundeskreis gemeldet hatte. Bei der Frage nach dem Wohin hatten sich ziemlich schnell zwei mögliche Reiseziele herausgebildet: Zum einen gen Osten, durch Polen Richtung Baltikum. Zum anderen in die Alpen, das ist bekanntlich nie falsch.

Am Tag vor unserer Abfahrt ging es nun darum, uns endgültig für eines der beiden Ziele zu entscheiden. Wir treffen uns also zum Kaffee bei McDonalds an der Grenzallee, ich bringe ein paar Landkarten mit, wir studieren die Wetterberichte der beiden Regionen. Polen sei schön und abenteuerlich, sage ich, auch abseits befestigter Pfade. Für Kurvenkratzer ist das Land aber sicher nicht die erste Wahl. Wie er es denn damit halte, frage ich Mante. Das wisse er nicht so genau, antwortet er. Er sei nämlich noch nie richtig Kurven gefahren.

An dieser Stelle muss ich etwas erklären. Es ist nicht so, dass Mante erst letzte Woche seinen Motorradführerschein gemacht hätte. Ganz im Gegenteil, er fährt schon eine ganze Weile. Allerdings fuhr Mante bisher stets eine Harley – und somit überwiegend aufrecht durch die Kurven. Die F800GS ist erst seit kurzem Bestandteil seines Fuhrparks. Darüber hinaus ist Mante – wie ich – in Berlin ansässig. Und in der Hauptstadt sind Serpentinen rar.

„In den Alpen war ich noch nie“, bekennt Mante überraschend. Womit sich die Frage nach dem wohin augenblicklich erübrigt hat.

Am nächsten Tag bügeln wir also bei ausgezeichnetem Wetter die A9 herunter. Wir kommen erst gegen Mittag los, Mante brauchte nach einer Nachtschicht noch ein paar Stunden Schlaf. Mit reichlich Musik auf den Ohren schlagen wir am späten Nachmittag unsere Zelte zur ersten Übernachtung auf einem Campingplatz im Altmühltal in Bayern auf.

Wie so oft begegnet der Campingplatzbesitzer uns Motorradfahrern etwas misstrauisch und flapsig, aber wir sind zu schlapp um jetzt noch zurück zu maulen. Wir positionieren uns mit unseren Zelten direkt an einer Feuerstelle und schlafen im flackernden Schein der Flammen ein.

 

____________________________________________________________________________

Die Nacht wird herbstlich-frisch. Nach dem Aufstehen verputzen wir am Flussufer in der Morgensonne eine ordentliche Portion Eier mit Speck. Das weckt die Lebensgeister.

 

Unser erstes Ziel in den Alpen soll gleich ein richtiges Schwergewicht werden: Österreichs höchster Berg, der Großglockner. Die an ihm vorbei führende Hochalpenstraße ist zwar ziemlich überlaufen und fahrtechnisch keine Herausforderung, die Aussicht und die schiere Höhe (2576m) sind dafür aber umso spektakulärer. Vor vielen Jahren war die Hochalpenstraße auch mein erster, hochalpiner Pass, und ich weiß noch, wie stolz und beseelt ich damals am Hochtor ankam.

Nach den ersten Haarnadel-Kurven reißt Serpentinen-Novize Mante dann auch gleich tüchtig am Hahn, und ich habe meine liebe Müh, dranzubleiben. Als ein Verbremser ihn kurz unterhalb der Passhöhe aber ein ganzes Stück auf die viel befahrene Gegenspur schiebt, regelt das ausgeschüttete Adrenalin Mantes Reisegeschwindigkeit wieder auf ein erträgliches Maß. Wer kennt das nicht 😉

 

Am Hochtor angekommen haben sich Mantes und mein Puls schon wieder weitgehend erholt.

Als wir nach einer kleinen Fotosession Richtung Heiligenblut hinab fahren, ist es schon früh am Abend. Wir beziehen kurzerhand den erstbesten Campingplatz und schlagen die Zelte neben einem allein reisenden Motorradkollegen auf.

Nach einer kurzen Begrüßung haben wir allerdings nicht das Gefühl, dass der Herr sonderlich großen Wert auf Gesellschaft legt. Ich schließe da vielleicht immer zu schnell von mir selbst auf andere. Wenn ich irgendwo raste, dann freue ich mich über den Austausch mit anderen Reisenden. Egal, ob sie aus der Gegenrichtung kommen, und man Tipps austauschen kann, oder ob man eben nur ein bisschen quatscht.

Unser Zeltnachbar jedenfalls verschwindet schnell in die Campingplatzgaststätte und trinkt dort allein ein Bier am Tresen. Mante und ich kochen Reis mit Scheiß und sagen uns auf 1300m gute Nacht!


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.